Theoretischer Hintergrund, Leitmerkmale, Test-Gütekritieren und Ergebnisdarstellung
Theoretischer Hintergrund
Im Laufe der menschlichen Evolutionsgeschichte haben sich drei grundlegende Verhaltensprinzipien etabliert, die den Erhalt unserer Art sichern und als anlagebedingte Dispositionen ganz wesentlich unser Temperament bestimmen. Die Verhaltensbiologie, die Neurowissenschaften und die Humanpsychologie bestätigen dies in einer Vielzahl von Forschungsergebnissen.
Für die Entwicklung eines anlagebasierten Persönlichkeitsmodells sind im Wesentlichen die Ergebnisse der Hirnforschung der letzten 40 Jahre maßgebend. So schreibt z. B. der renommierte Hirnforscher Gerhard Roth über das Limbische System, das im Zusammenhang mit essenziellen Bedürfnissen, EigenschaftenVerhaltensweisen eine zentrale Rolle spielt, folgendes: „Das Limbische System ist der Entstehungsort von Affekten, Gefühlen, Motiven, Handlungszielen, Gewissen, Empathie, Moral und Ethik und ist damit diejenige Instanz, die unser individuell- egoistisches sowie unser soziales Handeln bestimmt.“ [ … ] „In ihrer individuellen Ausformung legen diese Zentren [des Limbischen Systems] das Temperament fest, mit dem die Personen auf die Welt kommen, d. h. sie bestimmen, ob eine Person neugierig-draufgängerisch oder vorsichtig ist, kommunikativ oder wortkarg, mutig oder ängstlich“. (G. Roth, 2011, Bildung braucht Persönlichkeit, S. 42 ff). Dabei ist heute gesicherte Erkenntnis, dass die genetische Veranlagung des Temperaments bei allen Menschen gegeben ist, ihre Auswirkung auf die Persönlichkeit jedoch von epigenetischen Einflüssen abhängt. Sie sind verantwortlich für die Ausprägungsstärke der jeweiligen Merkmale, was zu den unterschiedlichen Erscheinungsformen der Persönlichkeit führt.
Andere wichtige verhaltenssteuernde Hirnareale sind „mit Verhaltensüberwachung, Fehlerkorrektur und Impulskontrolle beschäftigt, also mit all dem, was unser egoistisches, auf unmittelbare Bedürfnisbefriedigung ausgerichtetes Verhalten zügeln und in sozial verträgliche Bahnen lenken soll.“ (G. Roth, 2003, Aus Sicht des Gehirns, S. 149). Diese beiden Instanzen sind zukunftsgerichtet und steuern unser Verhalten im Hinblick auf Handlungsplanung und den daraus resultierenden mittel- und langfristigen Konsequenzen. Die Ausreifung dieser Areale dauert jedoch sehr lange, ist aber in wesentlichen Teilen mit beginnender Pubertät bereits zu ca. 80% abgeschlossen.
All diese angeborenen Bedürfnisse, Eigenschaften und Verhaltensweisen müssen unter dem Blickwinkel der Evolution für unser Leben und Überleben als notwendig und sinnvoll erachtet werden. Sie sind tief in uns verankert und kennzeichnen die Identität aller Menschen.
Bei der Entwicklung des Individuums, werden die evolutionsbiologisch bewährten Bedürfnisse, Eigenschaften und Verhaltensweisen gewissermaßen im Zeitraffer stets erneut hervorgebracht (Ontogenese). Genau darauf gründet das 3G-Modell. Ausschließlich sie liegen im Fokus der Betrachtung, da sie bei allen Menschen anlagebedingt qualitativ verankert sind, jedoch von Person zu Person, bedingt durch den Einfluss epigenetischer Vorgänge, mit unterschiedlicher Ausprägungsstärke in Erscheinung treten.
Erst ab dem Erwachsenenalter, sind die Persönlichkeitsmerkmale als stabile, individuelle und identitätsstiftende Größen ausgebildet und können ab da zuverlässig durch eine Selbst- oder Fremdbeobachtung nachgewiesen bzw. erfasst werden. Sie kennzeichnen einen Menschen in einer für ihn ganz typischen Art und Weise und machen ihn zu der Person, die er ist.
Unbestritten ist, dass die Formung der Persönlichkeit auch durch externe Einwirkungen, also Lernerfahrungen, stattfindet. Deren Wirkung hängt stark vom Alter des Kindes ab. Es gilt der Grundsatz: Je früher umso prägender. Diese Einwirkungen und deren Konsequenzen für den Einfluss auf die Persönlichkeit, werden von 3G nicht erfasst, sondern bedürfen entsprechend anderer spezifischer Erfassungsmethoden. Auch Konstrukte wie Intelligenz, Kreativität, Musikalität, visuelles Vorstellungsvermögen u. v. m. sind nicht Bestandteil des 3G-Modells.
Mit Hilfe statistischer Rechenverfahren wurden entsprechend den Kriterien der drei zu beobachtenden, zeitlich aufeinander folgenden frühkindlichen Entwicklungsphasen - Selbsterhaltung, Selbstbehauptung und Selbstbestimmung - voneinander unabhängige Merkmalscluster, sog. Grunddispositionen gebildet. Sie bilden die jeweils typischen Merkmale dieser einzelnen Phasen ab und sind die Grundlage für das 3G-Persönlichkeits- und Kommunikationsmodell.
3G bedeutet: 3 Grunddispositionen der angelegten Persönlichkeit. Ihre Bezeichnungen lauten:
- Beziehungsorientierung: Geprägt durch Merkmale der Selbsterhaltung und dem Fokus auf Kontakt und zwischenmenschlichen Beziehungen.
- Handlungsorientierung: Mit Merkmalen der Selbstbehauptung und dem Streben nach Präsenz, konkretem Handeln und schnellen Lösungen.
- Sachorientierung: Gekennzeichnet durch Merkmale der Selbstbestimmung und die Orientierung an Wissen, Planung und logischen Zusammenhängen.
Zusammenfassend lässt sich sagen: 3G erfasst einen wesentlichen Anteil unserer angelegten Persönlichkeit, unser Temperament. Dies prägt uns grundlegend und gibt die Leitplanken für unser Erscheinen und unser Verhalten vor. Wir können nicht anders sein als wir sind. Wir können jedoch Möglichkeiten und Grenzen testen, Neues ausprobieren und uns auf diese Weise weiterentwickeln. Die Akzeptanz unserer 3G-Persönlichkeitsstruktur hilft uns dabei, eigene Ziele dort zu suchen, wo unsere natürlichen Stärken liegen und nicht die Begrenzungen. Dies macht uns stark, erfolgreich und authentisch.
Die unterschiedlichen Grundorientierungen
Selbsterhaltung
Bei der Selbsterhaltung (ca. das erste halbe Lebensjahr nach der Geburt) spielen die Befriedigung menschlicher Grundbedürfnisse und die zwischenmenschliche Beziehung als Überlebensgaranten eine entscheidende Rolle. Sie schaffen die Lebensbasis schlechthin und sind Grundlage allen Seins.
Im 3G Modell steht hierfür der Begriff Beziehungsorientierung.
Typische Merkmale dieser Phase sind das Bedürfnis nach Kontakt, Schutz, Nähe und Geborgenheit. Veränderungen im gewohnten Ablauf werden als Störung oder Gefahr wahrgenommen, es soll möglichst alles so bleiben wie es ist, das schafft Verlässlichkeit und sorgt für Vertrauen. Gewohnte Abläufe bieten Sicherheit. Zentrale Bedeutung hat die Versorgung in allen Belangen. Das Kind braucht Verlässlichkeit. Das Welterleben ist die Einheit mit allem.
Selbstbehauptung
Bei der Selbstbehauptung (ab ca. 6 Monaten bis ca. 2 ½ Jahren) geht es in erster Linie um Bewegung, Machen und Tun. Spontanes Verhalten, Experimentierfreude, eine ausgeprägten Risikobereitschaft und der Wunsch, sich mit anderen zu messen, kennzeichnen diese Phase. Das Kind tritt in den Wettbewerb und will „gewinnen“. Die Wurzeln für Statusbewusstsein haben hier ihren Ursprung.
Im 3G Modell wird dies Handlungsorientierung genannt.
Auslöser für diese Phase ist das Erkennen von ICH und DU als subjektive, innere Repräsentation. Wichtigste Erfahrung ist die Selbstwirksamkeit. Das Kind erfährt sich als Urheber bei der Gestaltung seiner Umwelt. Das Leben findet im Augenblick statt. Es gibt nur die Gegenwart. Das Verhalten ist emotionsgetrieben und es fehlt jegliche rationale Regulierung. Das Welterleben ist ICH-zentriert.
Selbstbestimmung
Bei der Selbstbestimmung (ab ca. 2 ½ Jahren) sind Rückzug, Selbstreflexion, Erwerb von Wissen und Abstraktion wichtige Elemente. Es entwickeln sich die Fähigkeit für die Nutzung von Werkzeugen, das Interesse an Zusammenhängen, prozessuales Denken und das Bedenken von Konsequenzen.
Im 3G Modell heißt dieser Anteil Sachorientierung.
Diese Phase beginnt mit der Fähigkeit, sich aus dem Lebensgeschehen herauszunehmen (sich zu dissoziieren) und Vorgänge von „außen“ zu betrachten. Kausales Denken wird möglich und ein Verständnis für Zeit bildet sich aus. Typische Merkmale sind Rückzug, Ordnen, Planen und strategisches Denken. Überlegtes Handeln kontrolliert Impulsivität und Emotionalität. Die Zukunft wird wahrgenommen und das Welterleben ist auf Verstehen ausgerichtet.
Leitmerkmale der 3G-Komponenten
Selbsterhaltung
- Kontakt
- Nähe
- Versorgung
- Sicherheit
- Geborgenheit
- Beständigkeit
- Verlässlichkeit
Beziehungsorientierung
Selbstbehauptung
- Präsenz
- Tun/Machen
- Schnelligkeit
- Spontanität
- Unermüdlichkeit
- Ausprobieren
- Wetteifern
Handlungsorientierung
Selbstbestimmung
- Rückzug
- Vernunft
- Rationalität
- Wissen
- Strategie
- Abstraktion
- Perfektion
Sachorientierung
3G-Selbstanalyse
Test zur Selbstanalyse
Das Kernelement von 3G® ist der Test zur Selbstanalyse. Er beinhaltet die 3G-relevanten, auf statistischem Weg selektierten Merkmale der Beziehungs-, Handlungs- und Sachorientierung und umfasst 54 Items. Diese werden über eine Selbsteinschätzung auf einer sechsstufigen, metrischen Skala in ihrer individuellen quantitativen Ausprägung bewertet und bringen als Ergebnis das 3G Persönlichkeitsprofil hervor. Das ist die Arbeitsgrundlage für alle Anwendungen von 3G®.
Die Selbsteinschätzung wird, wie alle anderen Tests, online durchgeführt, und das an jedem beliebigen Ort und zu jeder beliebigen Zeit. Der Zugang erfolgt über einen Code, der von 3G Kommunikation | Dr. Werner Bitterwolf oder einem Seniormaster bezogen werden kann.
Das Testprotokoll steht als PDF zur Verfügung und kann zu beliebigen Zwecken genutzt werden. Es beinhaltet neben dem Testergebnis eine kurze Darstellung der Bedeutung der drei Komponenten und eine individuelle Interpretation des Testergebnis.
Test-Gütekriterien
Korrelationen
rit Trennschärfe
rNM Interdependenz der drei Komponenten
Abbildung 1 - Trennschärfe und Interdependenz der Komponenten
Die Korrelationen der Items innerhalb einer Komponente (Trennschärfe) und zwischen den Komponenten (Interdependenz der Komponenten) entspricht gängigen Kriterien der klassischen Testtheorie.
rtt R = .93 (p < .001)
rtt B = .96 (p < .001)
Formen der Ergebnisdarstellung
Abbildung 2 - Beispiel für das 3G-Profil einer Person, dargestellt als Balkendiagramm
Das Ergebnis zeigt, dass diese Person hauptsächlich in der Sache (BLAU) zuhause ist. Die Handlungskomponente (ROT) als schwächste Komponente weist darauf hin, dass Umsatzstärke, Spontanität, Praxisorientierung und Dynamik im Verhalten seltener zu beobachten sind. Der Wunsch nach Distanz und Nähe zugleich (Zweitkomponente GRÜN) wird immer wieder zu innerpsychischen Konflikten führen, denn BLAU und GRÜN sind in weiten Teilen Antagonisten. Generell wird diese Person jedoch in vielen Situationen eher in der Distanz bleiben und von anderen vielleicht sogar übersehen. BLAU bleibt in vielen Situationen mit seinem Potential oft "unsichtbar".
Eine Alternative zum 3G-Profil (Balkendiagramm) ist die Ergebnis-Visualisierung mittels Verortungs-Dreieck. Dabei handelt es sich um ein gleichseitiges Dreieck, dessen Endpunkte die drei Komponenten GRÜN, ROT und BLAU markieren.
Mit Hilfe der so entstandenen Verortungsfläche lassen sich prinzipiell unendlich viele Profile von Personen oder Objekten darstellen.
Das Verortungs-Dreieck ist mittels Linien in eine Zehner-Abstufung unterteilt. Die jeweilige Spitze markiert eine Komponentenausprägung von 100%, die gegenüberliegende Seite eine von Null. Das Ergebnis der Analyse lässt sich mit Hilfe der Messlinien problemlos auf die Fläche des Dreiecks übertragen.
Wenn mehrere Ergebnisse auf diese Weise in das Verortungs-Dreieck übergetragen werden, entsteht eine Übersicht über die Relation der 3G-Profile zueinander. Die Darstellung der Ergebnisse wird übersichtlicher.
Überall dort, wo 3G-Profile miteinander verglichen werden sollen, ist die Darstellung im Verortungs-Dreieck dem Balkendiagramm überlegen. Vor allem Teamstrukturen lassen sich mittels Verortungs-Dreiecks sehr eindrücklich darstellen.
Abbildung 3 - Verortung der 3G-Profile von fünf Mitgliedern eines Projektteams
Die Visualisierung zeigt, dass in diesem Team die Beziehungskomponente (GRÜN) am schwächsten repräsentiert ist. Das Team-Klima ist verstärkt durch die Sach- und die Handlungs-Orientierung geprägt und weniger durch die Elemente der Beziehungs-Orientierung (menschliche Nähe, Beziehungspflege, Harmoniestreben, Erhalten von Bekanntem und Bewährtem usw.). Weiters besteht die Gefahr, dass die beiden Teammitglieder mit der deutlichen ROT- bzw. BLAU-Dominanz immer wieder aneinander geraden. ROT möchte weiterkommen, BLAU ist gewissenhaft und gründlich. Das kostet Zeit.